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121 König

München, Dezember 2019. Fünfzehn Jahre nach Ende der Schulzeit befiel mich noch immer Herzrasen, wenn ich eine frühere Klassenkameradin traf (vgl. Beitrag 4). Lächerlich!, schalt ich mich unlängst. Ich hatte die junge Frau in der Menge sofort wiedererkannt. Leute unterhielten sich mit Bierflaschen in der Hand, kleine Snacks zu sich nehmend, andere nutzten die Pause…
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120, Teil III: Romantische Saite

Portugal, November 2019. Der Reiseführer lobte überschwenglich das historische Interieur des Cafés Santa Cruz in Coimbra, direkt an den gleichnamigen Konvent angrenzend. Tatsächlich, als ich die Tür öffnete, schrie alles nach Gründerzeit: die schwarz lackierten, sperrigen Stühle mit geprägten und Nieten versehrten Ledermontierungen, die oktogonalen Marmorplatten auf dreibeinigen Balustern, die dunkel gebeizte Kassettierung voller Rauten…
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119, Teil II: Von Höhlen und größeren Höhlen

Portugal, November 2019. Es regnete nicht, es kübelte. Mein Mietwagen tschuckelte Kurven nehmend diverse Anhöhen hinauf, spärlich mit Korkeichen und Heide bestandener Karst verschmolz mit dem fahlen Grau ringsumher. Die Ortschaften, die ich passierte, wirkten verlassen und irgendwie trostlos, gesichtslose Betonkuben, von denen der Putz abblätterte, schwarz verrußte Fassaden, zersplitterte Fenster, schiefe, bröckelnde Mauern, von…
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118, Teil I : Ciao Ciao

Portugal, November 2019. Ich werde die Naturgewalt nicht zu spüren bekommen. Kein Wind, der an mir rüttelt, an meinen Kleidern zerrt, kein Brandungstosen, das mir durch die Brust donnert, kein Geruch nach Wildnis und Freiheit. Keine Rekordsurfer, die die 30-Meter-Marke knacken. Ich stand am Aussichtspunkt nahe des kleinen Leuchtturms auf el Sitio, Nazaré, zusammen mit…
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117 Spukhaft

München, November 2019. Ich glaubte anfänglich, mir habe mein Boston Terrier-Mädel Montana auf Anhieb gefallen, weil ihr Name mich an das spanische Wort für Berge erinnerte. Mittlerweile vermute ich eher, daß es ein in Dauerschleife gehörtes Lied gewesen war, das mich stark beeinflußte; ich hatte es im Repeat-Modus gelassen, während ich etliche Blog-Einträge verfaßte. Es…
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116, Teil III: Ewige Feuer

Türkei, Lykien, Oktober 2019. Es zischte und fauchte leise, ein Campern vertrautes Geräusch, denn genauso klingen angeworfene Gaskocher. Die Sonne knallte mir aufs Haupt, die ich auf dem grauen Gesteinsgrund saß, „Elephant´s Breath“ nennt die britische Farbenfirma Farrow&Ball diese Nuance. Die anderen hatten sich mit müden Gesichtern in den Schatten zurückgezogen, den spachtelige Bäumchen spendeten:…
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115, Teil II: Dem Meer die Zunge herausstrecken

Türkei, Lykien, Oktober 2019. Die Gottesanbeterin nahe eines üppig mit prallen Weinreben behangenen Zaunes entdeckte eine Mitreisende. Das Insekt war verblüffend grazil und filigran, feingliedrig, beinahe verschnörkelt und winzig in seinen Ausmaßen, skurril in der Proportion und wie von einem fremden Planeten gefallen. Auf einer Hand stand sie steif Modell für meine Kamera. Woanders bot…
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114, Teil I: Absinthfarbener Schnee

Türkei, Lykien, Oktober 2019. Die satt grünen, fast grellen Kiefernwolken auf dem porösen Gestein wirkten, als sei absinthfarbener Schnee auf die Hügelzüge gefallen. Wir schipperten hunderte Meter vom Ufer entfernt die Buchten entlang; der harzige Duft der Nadelbäume stieg einem in die Nase, während das Mittelmeer seinen Salzgeruch ganz untypischer Weise für sich behielt, sodaß…
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113: Der graue Umschlag

München, Oktober 2019.   Während ich diese Zeilen tippe, dampft ein Becher Mokka auf, intensiver Kakaokaffee, der mich trösten soll. Harmlos war er in der Post gelegen, der hellgraue Umschlag mit seiner in einer mir unbekannten Handschrift verfaßten Adresszeile, Absender fehlend. Er enthielt den großen Paukenschlag, der mich gleich mehrfach heftig ohrfeigte. Eine Wanderfreundin, betagt…
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112, Teil III: Seelenbeben

Marokko, Juni 2013. An einige Touren erinnere ich mich weniger gut. Es bleiben kaum Details hängen, ich entsinne mich nicht mehr meiner damaligen Gedanken, kann keine Handlung bilden aus dem Erlebten. Bei einer intensiven, Seelen regenden Tour formen sich automatisch literarisch stimmige Sätze in meinem Kopf, ich brauche sie quasi nur „abzulesen“ und festzuhalten auf…
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