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142, Teil I: Pause am Fluß

München, August 2020. In meiner wunderschönen Küche – Erle massiv, jade-türkisene Metrofliesen, ein Arbeitsplattenkunstwerk aus Marinace Verde – schmurgelt und blubbert es verheißungsvoll in drei riesengroßen Töpfen: gelbe Zucchini aus dem Garten, Möhren, Kartoffeln, Olivenöl, Salz. Und 2,7 Kilo Hähnchenbrust. Genau zwanzig Jahre ist es her, daß ich mich dazu entschied, auf Fleisch zu verzichten,…
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141 Versöhnliche Geste

Costa Rica, August 2014. Manche Unterkünfte sind so schön, daß es einem fast das Herz bricht, sie nach nur einer Nacht wieder verlassen zu müssen. Jene gepflegte, herrlich bepflanzte Anlage am Rincón de la Vieja Nationalpark gehörte eindeutig dazu. Über schmale, mit behauenem Naturstein verlegte Pfade, die dicht von bunten, fröhlichen, hüfthohen Blumen gesäumt waren,…
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140 Unbedarft

München, Juli 2020. Mittlerweile ist sie gestorben, meine Tante. Vierzehn Rosenstöcke habe ich gesetzt die letzten Wochen, winzige Fairy und opulent duftende Gospel, historische de Resht, zarte Aspirin, unbekannte Schönheiten – eine Art Sammlung ist es nun beinahe über die Jahre hinweg geworden, aber der Garten ähnelt einem schwarzen Loch: was man pflanzt, das schluckt…
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139 Fragmente

Israel, März 2017. Obwohl sie schön waren, man liebe Menschen kennengelernt hat und sie gar nicht lange zurückliegen, gibt es Reisen, an die ich mich bloß sehr lückenhaft erinnere. Israel ist eine davon. Dieses Land ist für mich nicht so stark mit Emotion besetzt, wie für viele tief Gläubige, und doch fand ich es wichtig,…
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138 Glockenläuten

München, Juli 2020. Seit Jahren stehen jeden Juli irgendwo versteckt im Wald, verzahnt mit mannshohen Brennesseln, Kletten, Baldrianen und üppig umsummten Himbeerblüten die warm-orangen, feurig leuchtenden Taglilien, die einst als illegale Gartenabfälle dort entsorgt worden sind und nun Saison um Saison ausgreifender, vielköpfiger wuchern, ein Fest für die Augen. Vor einigen Tagen sandte ich per…
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137, Teil II: Casati Augen Fortsetzung

Peru, Juni 2009. Ich denke, es war der vierte und vorletzte Tag des Trekkings, als Soroush mich mit seiner Aufmerksamkeit beehrte. Er erkundigte sich nach diesem und jenem, während er neben mir herwanderte, gelegentlich innehaltend, auf Pflanzen deutend, sie benennend, ihren Verwendungszweck als Nahrungsmittel oder Heilkraut erläuternd. Er pflückte kleine, ovale, aromatische Avocados am Wegesrand,…
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136, Teil I: Casati Augen

Peru, Juni 2009. Luisa Casati war eine verschwendungs-, vergnügungs- und geltungssüchtige Femme Fatale des ersten Viertels des Zwanzigsten Jahrhunderts, die ihr ererbtes Milliardenvermögen für Paläste, Feste, mit Diamanten verzierte Verkleidungen noch zu Lebtagen verschleudert hatte; ihre einzige Tochter vernachlässigte sie, während Hundertschaften an Dienern goldfarben bemalt sich um ihre eigenen Wünsche und Launen zu kümmern…
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135 Cat Stevens gegen das Stolpern

München, Juni 2020. Dieser frühe Spaziergang war unglaublich erholsam für Lunge, Haut und Gemüt: feiner Sprühregen rieselte herab, die hohen Gräser der Wiesen lagen platt in üppige Wirbel gelegt, bedeckt von silbrigen Schleiern, den Wassertröpfchen, so als sei dort eine schwere Wolldecke, durchwirkt mit edler Seide, ausgebreitet. Der gesamte Wald wird durchströmt vom fruchtig-herben Duft…
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134 Odysseus´ Sirenen

München, Juni 2020. Macht es einen Unterschied, an einem hundertjährigen Möbel zu schreiben? Ja, tatsächlich. Der zierliche, billige Asus darauf ist in Himbeersorbetrot gehalten, fast der gleiche Farbton, wie ihn das Dompfaffmännchen trug heute Morgen: es saß in einem von smaragdgrünen, glänzenden Efeuranken umwundenen Buchenbaum, eine Laterne im Düster der regnenden Bindfäden. Ich bin den…
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133 lösen, Verb

München, Mai 2020. Es sieht anders aus auf meinem Balkon heuer. Ich hatte mich geweigert, dutzende Meter geduldig verharrend und brav Schlange zu stehen, nur um überhaupt in die Gärtnereien oder Baumärkte eingelassen zu werden, als seien wir angewiesen auf Marken wie im Krieg, oder in die ehemalige DDR zurückversetzt worden mit ihren Rationierungen und…
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