Monat: Juli 2018

14 Ein blattvergoldetes Poesiealbum zum leeren Parfümflakon

Augsburg, Juni 2003. Es war ein Blanko-Buch, wattiert, quadratisch, darauf abgebildet die berühmte Schwarz-Weiß-Aufnahme des Zunge herausstreckenden Albert Einsteins. Ich hatte es in der Oberstufe von der Mutter einer damaligen Schulfreundin geschenkt bekommen, ohne offiziellen Anlaß oder Grund. „Ach, weißt du,“ hatte sie gesagt, „ich mag dich halt einfach!“ Niemals wieder hatte das jemand mit…
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13 Zwischenmenschliches auf einer Kunstmesse

München, Oktober 2010. Mein Chef hatte sich beschwert, daß der Name auf dem Messeschild seines Standes inkorrekt gedruckt worden war, Huber statt Hubert. Es war sieben Uhr morgens, in weniger als zwölf Stunden sollte die Vernissage der Antiquitätentage stattfinden. Hektische Betriebsamkeit, laute Aufbaumaßnahmen, Hämmern, Sägen, Bohren, Kisten, die herumgeschleppt wurden, kündeten von der Eile, die…
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12 Ein Greenpeace-Vortrag verwandelt mich in einen Pinguin

Mannheim, Februar 2017. Ich entfloh dem Valentinstag, indem ich in einer anderen Stadt einem Greenpeace-Vortrag lauschte. Dem Redner schrieb ich als Resonanz noch in der Nacht auf dem Hotelzimmer eine längere Nachricht. >> Dies ist das Stück von der anderen Seite. Von dem verschwommenen Punkt, dem vagen Gesichtermeer im Halbdüster, der einheitlichen Masse, die manchmal…
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11 Frau L. bin ich nicht

München, November 2017. Ok, kein Bali. Verdammt. Das Geld wurde sowohl vom Veranstalter als auch von der Fluggesellschaft umgehend zurückerstattet, was die prekäre Lage vor Ort nochmals bestätigte. Ulla Lohmann wäre trotzdem aufgebrochen. Als Teenager hatte sie den Jugend Forscht Wettbewerb auf Bundesebene gewonnen mit einer Arbeit über ein eigenhändig ausgegrabenes vollständiges Urzeitskelett, ein Sensationsfund.…
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10, Teil II: Heldensammlung erweitert (um menschliche wie tierische Exemplare)

Grönland, September 2017. Kurz nach der Ankunft erkannte ich Audun Rikardsen am Gepäckband sofort, einen charaktergesichtigen Hünen von geradester Haltung, energiegeladen und zentriert zugleich, der zu Jeans ein blau-weißes Ringelshirt samt mit orangen Strelitzien bedruckten Ärmeln anhatte, ein Kleidungsstück so ungewöhnlich und auffällig wie sein Träger selbst. Der Mann eine Marke, ein Unikum ohne jede…
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9, Teil I: Sängerin Adele grüßt in Grönland

Grönland, September 2017. Licht fiel flutend hell durch die gleißende Scheibe, einen warmen, breiten Streifen auf den kleinen Rundtisch werfend, auf dem ein mit Kakaopuder bestäubter Cappuccino unaufgeregt vor sich hindampfte, während aus unsichtbaren Lautsprechern Adele sang: „Hello. It´s me.“ Winterbekleidung türmte sich um mich herum auf, der dicke, meerblaue Outdoormantel, ein Paar schwarze Merinoarmstulpen,…
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8 Ein Nobelpreisträger tritt mir in den Po

München,  November 2017. Ich weiß nicht, weshalb ich es nicht einfach zur Seite räumte, aber stets wieder glotzte mir das Cover des am Vorabend ausgelesenen Buches entgegen, Was vom Tage übrig blieb, die fiktive Rückschau eines getreuen, Pflicht besessenen Butlers auf das eigene Leben, das nach strikten persönlichen Prinzipien geführt worden war und sich gegen…
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7 Held entdeckt

Azoren, Juni 2012. Bis zu sechs Meter hohe Wellen zerschellten an den Steilhängen unter mir, salzige Feuchte allgegenwärtig in der Luft zerstäubend und einen beständigen Rhythmus an Raunen erzeugend wie ein Atmen des Ozeans. Am Rande des Gürtels aus Baumheide mit ihrem papierneren, vertrockneten Geäst und den stechend-leuchtenden, neongrünen Spitzen saß ich auf dem wundersam…
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6 Warum die neue Spiegelreflex sechzehn Monate im Schrank blieb

Marokko, Juni 2013. Als ich den Body der Nikon D7000 und das dazu erworbene 18-200er Objektiv gleicher Marke auspackte, schlug mir das Herz bis zum Hals. Neben mir auf dem weiß bezogenen Bett lagen die entsprechenden Bedienungsanleitungen, deren Weisungen ich mit zittrigen Händen nachkam. Die Kamera wog schwer, wie ich sie vor meinem Gesicht positionierte,…
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5 Seekrank

Azoren, Juni 2012. Auf dem Schlauchboot, stundenlang umhergeworfen vom rauen, torkelnden Meer, wurde ich seekrank. Daß Übelkeit ein solches Leid erzeugen kann! Man muß es selbst erfahren haben, sonst bleibt es nicht nachvollziehbar, sondern abstrakt. Mir war elend, zum Wahnsinnigwerden schlecht, doch übergab ich mich nicht. Mir wurde alles gleichgültig, ich verdrückte ein paar stumme…
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