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162 Berührung

Landsberg, März 2021. Ohne die Reisen wäre ich nicht der Mensch geworden, der ich jetzt bin. Bei vier Grad kalter, Wind durchzogener Luft saßen wir in einem Tippi. Es war grobschlächtig gebaut, wirkte äußerst instabil. Die Äste, die es bildeten, krümmten und wanden sich in verschiedene Richtungen, große Lücken aussparend, durch welche der Graupel rieselte,…
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161, Teil II: Banales Erinnern?

Kenia, Februar 2019. Es ist zufälligerweise nicht irgendeine gepflegte, blumenreiche, idyllische Unterkunft, sondern genau diejenige desselben Betreibers, der mich auch auf den Azoren beherbergt hatte und mit dessen damals achtjähriger Tochter Maisha ich mich so gut verstanden; mittlerweile fast erwachsen, wohnt sie in Nairobi, sodaß ich sie zu meinem Bedauern nicht wiedersah. Bunt gefiederte Vögel…
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160, Teil I: Was bleibt

München, Januar 2021. Ein Lied hat mich gefunden, The Ghost on the Shore. Warum macht man sich Gedanken darüber, was man einer Leserschaft zukommen lassen kann und was nicht, wenn diese Leserschaft im Wesentlichen aus einem selbst besteht? Wieso zensiert man, wägt ab, löscht, anstatt den Text einfach fließen zu lassen? Und andererseits, wenn man…
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159 Verdreht im Kopf

München, Januar 2021. Kahlschlag im dörflichen Wald, alles umgenietet, was älter als 40 Jahre alt war, hunderte mächtige Bäume, darunter Fichten mit herrlich saftigem Holz ohne jede Moderstellen, bei denen ich 200 und mehr Ringe zählte, als ich zum Abschied meine Hand auf die harzende Wunde legte, und Eschen, “wegen dem Pilz”; wir wissen ja…
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158 Nichts Neues

München, Januar 2021. Die Ader in meiner Schläfe pocht; kurz vor dem Implodieren. Das Waldstück am Friedhof: gesperrt (Jagd). Das Waldstück an der Grundschule: gesperrt (Baumfällung). Ich sehe in Deutschland nur rot. Verbote. Maßregelungen. Restriktionen. Eingeschränkte, dezimierte Räume, natürlich zum eigenen Schutz. Durch diese rote Blume heißt es: Halt´s Maul, bleib zu Hause, konsumiere und…
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157 Ein paar Worte

München, Januar 2021. Die kinderfröhlich verzierten Kieselsteine, die im gesamten Wald ausgelegt waren – auf Stümpfen, im Farnnest, in rissige Rinde gestopft -, sind abgelöst von großen, folierten Sternen in Sonnengelb, welche Worte tragen wie Dankbarkeit, Hoffnung, Zufriedenheit; von Gesträuchzweigen baumeln sie herab, fremder Gruß, zeitverschobene Kommunikation, zwischenmenschliche Geste. Nach dem vierzigminütigen Schneeschippen – das…
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156, Teil VI: Eigentlich gar nichts besonderes

Azoren, Juni 2012. Tintenblau, blechern anthrazit wölbte sich die Nacht über uns. Es wirbelte das Meer ganz in der Nähe, ein Begleitorchester für das fulminante Konzert, in dessen Mitte wir uns begeben hatten: eine Tölpelkolonie – oder waren es Sturmtaucher gewesen? – stob durcheinander, auffliegend, sich niederlassend, vage Geschäftigkeit im raren Licht eines schemenhaften Universums.…
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155, Teil V: q.e.d.

Azoren, Juni 2012. Die richtige Rolle erwischte Wolfi. Zunächst hatte er mir ein wenig den Hof gemacht, ein klitzekleines bißchen nur, wie es ein weit durch die Weltgeschichte getingelter, im Flirten bewanderter, charmanter Wiener eben vermag, doch erfaßte er sehr geschwind meine Himmelei für den Guide und verlagerte sein Umgarnen auf eine andere. Luise war…
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154, Teil IV: Falsche Rolle

Azoren, Juni 2012. Ich wurde häufiger angemotzt. Weil ich zu lange unter der Dusche stand (es wurde mit einer Gaskartusche geheizt und daher rationiert, aber wie soll man denn das Shampoo aus dem damals über Po langen Haar kriegen?); weil ich eine Ecke vegan belegter Pizza vom Lieferservice wünschte; weil ich zu oft einen über…
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153, Teil III: Blödelei

Azoren, Juni 2012. Es war eine zerklüftete Bucht. Der weiße Schaum der aufspritzenden Gischt kontrastierte mit dem porösen Schwarz des Lavagesteins, ein Schachspiel, wer setzt seine Figuren klug? Wir hatten den so ziemlich einzigen sonnenmilden Tag unserer Tour erwischt und uns gleich in die Fluten gestürzt; unten wuchsen Seeanemonen und -würmer, wogende Ghirlandenkreise, tänzelnde Tentakeln…
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