243 Ratlose Verwunderung

243 Ratlose Verwunderung

München, April 2023.

 

Ich verstehe das gar nicht; ich war doch schon dort, am Point of No Return.

Wider die Schwerkraft, sämtliche physikalische Gesetze aushebelnd, sehe ich mich plötzlich abermals vor der Linie platziert, den Abgrund nicht hinter mir, über mir, um mich herum, sondern irgendwo davor in undefinerbarer Distanz, der die Unmittelbarkeit fehlt. Eine Schachfigur, bewegt von etwas, größer als mein Vorstellungsvermögen, mein menschlicher Intellekt. Und jetzt? Was soll ich anfangen damit, kann mir das diese Macht auch verraten? Zurück bei den Lebenden, wo man sich doch abgefunden hatte mit der Ausweglosigkeit, sie akzeptiert und angenommen, sie integriert in die eigene Identität. Nicht immer lechzt man nach den Chancen: ein im Meer Ertrinkender möchte kein Wasser zu trinken angeboten bekommen.

Ein simples Streetstyle Graffitti, ein lakonisches, fast plumpes rotes Herz auf einer rußigen Mauer in Manchester, und darunter stand geschrieben: Fragile.

“Yeti gibt´s ja gar nicht!” sagt der kleine Junge mit glitzernden Augen, rasch nach meiner Hand greifend, sie ganz doll drückend, sicher ist sicher. Es mischen sich Angst und Vergnügen, Neugier, Abenteuersinn und die Lust an erfundenen Geschichten in ihm, er späht durch die Lampen beschienene Dunkelheit auf der Suche nach dem zotteligen Bergmonster, mich hinter sich herzerrend, mich damit zum Lachen bringend. Seine kleinen warmen Finger kleben fest an den meinen.

“Liebe gibt´s ja gar nicht!” denke ich. Checke mein Smartphone, sicher ist sicher, und möge es nur die Lust an erfundenen Geschichten sein.

Back from the Point of No Return. Dean Lewis´ Musik hält mir die Hand: Small disasters, Into the breeze, To have You today.

 

 

Illustration zeigt kein Computerprodukt, sondern die komplex geschwungene und gewölbte Aluminiumdecke des Durchganges zur Manchester Central Library

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