Autor: kunstfotografie

180 Das andere Geschlecht, Teil I

München, August 2021. Es bleibt mir unbegreiflich, weshalb Corona den allgemeinen Umstand des Sichgehenlassens mitsichgebracht hat. Warum Homeoffice bedeutet, mehr zu essen, sich weniger zu bewegen, auf Schlabberklamotte umzusteigen und aufs Herrichten zu verzichten – man tut das alles doch nicht für andere, sondern für sich selbst, seine Gesundheit, sein Wohlergehen, die Achtung der eigenen…
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179 Ein paar Dollar

München, August 2021. Für ein paar Dollar – umgerechnet 36 Euro inklusive Versand – erwarb ich via ebay im vergangenen Jahr eine originale Fotografie Alan Houghtons, der in den 1960ern eine bekannte Größe Hollywoods gewesen ist und heute wohl so gut wie vergessen. In seinem Atelier auf Hawai experimentierte er mit Sepiatönen während der eigenhändigen…
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178 HAIKU

München, Juli 2021.   Stille – der Zikadenlärm / dringt / ein in die Felsen.   Während ich vom Baggersee meiner Kindheit – als die Luftmatratze noch ein Delphin und ich die Nixenprinzessin gewesen war – wegschlenderte auf die offenen Felder hinaus, die geradegebügelt in reifem Korn standen, Gerste und Weizen in sirrender Hitze, und…
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177 Kröten

München, Juli 2021. Wie hieß dieses Märchen noch, in welchem dem Mädchen die Kröten aus dem Mund fielen, wenn es etwas sagen wollte? War es die Pechmarie? Ich entsinne mich kaum mehr. Aber es kommt mir so vor, als produzierte ich statt Worten Amphibien… Nightfall auf den Lippen, Datura Noir knapp über den Schlüsselbeinen, mahagoni…
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176 Aus der Zeit gefallen

München, Juli 2021. Das trocken knisternde, goldene Stroh lag so dick aufgeschichtet, daß ich es mit den Zehen durch die Flipflops hindurch spüren konnte. Die Sonne brannte nieder vom sommerblauen Himmel. Eine Frucht nach der anderen stopfte ich mir in den Mund, die silbern glänzende Metallschüssel war bereits randvoll angefüllt, es sollten auf der Kassenwaage…
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175 Wo wir stehen

München, Juni 2021. Das Geißblatt duftet, Rosen weben sich durch den Garten, allein die Daunen der Bobby James bilden ganze Decken, die sich über das Geäst des Mirabellenbaumes ausbreiten, verführerisch weich und strahlend rein – die Bienen summen darin, der Einladung folgend. Die Hühner sind gewachsen, sie geben mannigfaltige Laute von sich, plappernd, gurrend, piepend,…
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174 Gesehen worden

Schottland, Mai 2016. Ich ließ mich von der Stadt leiten, ein Konzept, das sich als nützlich erwiesen hat, zumindest wenn es sich um eine historisch gewachsene und nicht aus dem Boden gestampfte Örtlichkeit handelt. Atmenden Organismen gleich befolgen die Bauten und Verkehrswege ein geheimes Regelmuster, das alles wichtige miteinander verbindet, sodaß man – gesetzt man…
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173 Leserbrief

München, Mai 2021. Oh. Ist das das Buch, das du schreiben wolltest? #AreYouSerious? Wenn nicht du der Autor gewesen wärst, ich hätte es recht bald zur Seite gelegt, ohne es zu Ende gelesen zu haben. Der Stil, für den du dich entschieden hast, ist exakt jener zeitgenössische „journalistische“, wie ich ihn hier bereits mehrfach bitter…
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172 Un b/g eliebt

München, Mai 2021. Und am nächsten Morgen dann stecken die korallenlackierten Nägel in türkisenen Einmalhandschuhen, ist das Haar alltäglich zum Zopf geflochten, kleidet mich die strapazierte, schwarze, zu große Outdoorjacke, während ich die verdreckte Einstreu aufsammle, mich wie stets wundernd, welche Mengen kleine Vögel ausscheiden können. Ich leere den Eimer auf dem Kompost, hole frische…
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171 Nichtsein

München, Mai 2021. Ich fürchte, ich habe doch wieder gestalkt, ohne es solcherart bezeichnen zu würden – das sagen sie wohl alle… Ich stand im Buchladen, ziel – wie absichtslos, die Finger korallenfarben lackiert, das frisch Henna getönte Haar zum Knoten gesteckt, die puderrosé Slingbackpumps klackten gedämpft auf dem Bodenbelag, ich spielte gedankenverloren an Omas…
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