Kategorie: Vom Reisen und Fotografieren

166 Waldgeschichten

München, März 2021. Im Flur auf dem hellblauen Schuhkommödchen stehen gefüllte, cremefarbene Narzissen, deren Köpfe Schlagsahneklecksen ähneln, lauter kleine Spritzgebäckteilchen, appetitliche Frühlingskringel. Daneben prangen bonbonrote Tulpenkronen, eine aparte Sorte. Kürzlich spazierte ich mit Montana über die Felder und durch ein mir unbekanntes Waldstück. Der Himmel spannte sich zum Zerbersten in bedrohlichem Anthrazit über die giftgrüne,…
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165 Schlußkapitel für Book on Demand

München, Februar 2021. Ich hatte, in nachmittägliche Lektüre vertieft, auf dem Bett gelegen, als mir der orange-rosa Puder auffiel, der zwischen dem wogenden Bambusfeld vor dem Fenster hindurchrieselte hinein aufs Papier des Buches und die Zimmerluft. Saharasand war es, der sich in trägen, dicken Wolken angesammelt hatte und sämtliche Atmosphäre aurorahaft anhauchte. Beim Spaziergang dann…
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164, Teil II: Vorbei

Ägypten, Juli 2010. Ich mochte es, von den warmen Wellen sacht getragen zu werden. Sprenkelnde Tanzkreise unter mir, Autoscooter von Papageienfischen, Drückerfischen, Feuerfischen, Barschen, Wimpelfischen, vielfältige, zerbeulte, poröse Gebilde aus Mollusken, merkwürdig weise und verständig dreinblickende Sepien. Eine Muräne stand mit geöffnetem Maul vor dem Eingang ihrer Höhle, ich fühlte mich nicht bedroht, besuchte sie…
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163, Teil I: American Sunday

München, März 2021. Ein Mädchen auf dem Meeresgrund  hatte mich viele lange Jahre beschäftigt, anekdotische Memoiren einer mondänen, willensstarken Frau, die an der Seite des berühmten Unterwasserforschers Hans Hass Tauch- und Filmgeschichte geschrieben hat. And no matter who You are I´m glad You´re here, Zwischenmoderation auf dem Radiosender ego.FM, die schmelzende Stimme Jordan Princes, der…
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162 Berührung

Landsberg, März 2021. Ohne die Reisen wäre ich nicht der Mensch geworden, der ich jetzt bin. Bei vier Grad kalter, Wind durchzogener Luft saßen wir in einem Tippi. Es war grobschlächtig gebaut, wirkte äußerst instabil. Die Äste, die es bildeten, krümmten und wanden sich in verschiedene Richtungen, große Lücken aussparend, durch welche der Graupel rieselte,…
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161, Teil II: Banales Erinnern?

Kenia, Februar 2019. Es ist zufälligerweise nicht irgendeine gepflegte, blumenreiche, idyllische Unterkunft, sondern genau diejenige desselben Betreibers, der mich auch auf den Azoren beherbergt hatte und mit dessen damals achtjähriger Tochter Maisha ich mich so gut verstanden; mittlerweile fast erwachsen, wohnt sie in Nairobi, sodaß ich sie zu meinem Bedauern nicht wiedersah. Bunt gefiederte Vögel…
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160, Teil I: Was bleibt

München, Januar 2021. Ein Lied hat mich gefunden, The Ghost on the Shore. Warum macht man sich Gedanken darüber, was man einer Leserschaft zukommen lassen kann und was nicht, wenn diese Leserschaft im Wesentlichen aus einem selbst besteht? Wieso zensiert man, wägt ab, löscht, anstatt den Text einfach fließen zu lassen? Und andererseits, wenn man…
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159 Verdreht im Kopf

München, Januar 2021. Kahlschlag im dörflichen Wald, alles umgenietet, was älter als 40 Jahre alt war, hunderte mächtige Bäume, darunter Fichten mit herrlich saftigem Holz ohne jede Moderstellen, bei denen ich 200 und mehr Ringe zählte, als ich zum Abschied meine Hand auf die harzende Wunde legte, und Eschen, “wegen dem Pilz”; wir wissen ja…
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158 Nichts Neues

München, Januar 2021. Die Ader in meiner Schläfe pocht; kurz vor dem Implodieren. Das Waldstück am Friedhof: gesperrt (Jagd). Das Waldstück an der Grundschule: gesperrt (Baumfällung). Ich sehe in Deutschland nur rot. Verbote. Maßregelungen. Restriktionen. Eingeschränkte, dezimierte Räume, natürlich zum eigenen Schutz. Durch diese rote Blume heißt es: Halt´s Maul, bleib zu Hause, konsumiere und…
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157 Ein paar Worte

München, Januar 2021. Die kinderfröhlich verzierten Kieselsteine, die im gesamten Wald ausgelegt waren – auf Stümpfen, im Farnnest, in rissige Rinde gestopft -, sind abgelöst von großen, folierten Sternen in Sonnengelb, welche Worte tragen wie Dankbarkeit, Hoffnung, Zufriedenheit; von Gesträuchzweigen baumeln sie herab, fremder Gruß, zeitverschobene Kommunikation, zwischenmenschliche Geste. Nach dem vierzigminütigen Schneeschippen – das…
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