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220, Teil: IV: Zehn Minuten

München, November 2022. Ich muß mich mal selbst aufkehren; zusammenfegen und wegräumen. Die kahlen Bäume bargen etwas tröstliches, Ahorn, Kastanie. Mir blinzelten die gemütlichen Hausfassaden der Umgebung zu, verspielt und friedlich,  sie wurden rosa überhaucht von der spätnachmittäglichen Sonne. Eine angenehm kühle Herbstluft sog ich tief ein während der kurzen Pause, die ich nutzte, mir…
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219, Teil III: Im Zwischenreich

München, Oktober 2022. Was tue ich hier? Das zweite Glas Prosecco des Abends parkte zwischen den Fingern meiner rechten Hand, die andere ruhte in der Seitentasche der fließend geschnittenen, apricotgolden schimmernden Hose, damit sie nicht an den hauchzarten Seidenvolants der Bluse herumnestelten aus Verlegenheit. An den für München typischen Alleebäumen vorbei war ich geklappert, ein…
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218, Teil II: Wo weilen Sie, Mr. Armstrong?

München, Oktober 2022. Prinzregententheater, Parkett, zweite Reihe, Platz 44 (auf der rechten Seite des Saals), 11 Uhr. Ein strahlender, goldener Herbstsonntag. Ich wußte beim besten Willen nicht, wo dieser Mann gerade weilte – hier, mit uns, jedenfalls nicht. Ich war überrascht gewesen, wie wenig Mensch da die Bühne betrat, zierlich durch und durch, zehn, fünfzehn…
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217, Teil I: Bettgenossen

München, Oktober 2022. Die Morgen verbringe ich neuerdings mit David Garrett im Bett. Ich nenne ihn Christian, nicht bei seinem Künstlernamen, ich finde das privater. Es tut gut, zur Abwechslung einmal einen Lebenden um sich zu haben, anstatt der üblicherweise längst verstorbenen oder fiktiven Charaktere. Es ist nämlich so, daß die angefütterten Spatzen die Angewohnheit…
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216 Hereingefallen

München, September 2022. Digital naiv, wie ich bereits erwähnte (vgl. Beitrag 212); freilich mußte es Spam sein, der Kommentar zu einem Beitrag, sein Hinterlasser ein anrüchiges Etablissement, sein Link zu einer ausländischen Erotikseite führend, aber da waren ja noch diese Zeilen in englischer Sprache, die besagten: zufällig über den Blog gestolpert, tief berührt davon, der…
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215, Teil III: Der Literat hat Urlaub

England, September 2022. Vielleicht lag es daran, daß es mich nicht anfauchte. Es nicht brüllte, sich drohend vor mir aufbaute. Tags zuvor angekommen, im Hotel genächtigt, gefrühstückt und die zwei Kilometer gelaufen: ebenmäßiger, breiter, bilderbuchartiger Strand, gerahmt von einer Promenade, im Hintergrund die elizabethanische Burg, darüber ein braves Sonne-Wolken-Duett und vor mir also das qualvoll…
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214, Teil II: Jerseys Blumen (Fortsetzung von 211)

England, September 2022. Und immer sind es die Blumen, die Pflanzen, die die Emotionen verdichten und Bilder heraufbeschwören; die blauen, bordeauxvioletten, visuell knisternden Hortensienbälle, noch im Verblühen schön, sonnenbleichender Seide ähnelnd, die versteckt in Schattenstellen die Dürre überlebt haben. Teppiche aus Alpenveilchen (ein rascher Erinnerungssprung nach Israel und gleich wieder zurück, vgl. Beitrag 139), zwischen…
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213 Beethoven alive

München, September 2022. Dicken Barockperlen gleich plumpsen sie herab; erst jetzt bemerke ich den feinen Luftzug, der durch die Halle streicht und mir kühl den Tränenspuren folgend beide Wangen kitzelt. Ich atme tief ein, die zitternden Lungenflügel füllend, nicht mit Sauerstoff, nicht allein damit jedenfalls: eingesogen wird jeder einzelne Ton, jeder Klang, jedes noch so…
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212 Ode an den Anachronismus

Augsburg, September 2022. Anstatt eines Digital Native bin ich digital naiv. Ich mache mir nichts groß aus dieser Technik- und vor allem Lebensform, verstehe sie nicht, weil ich es nicht verstehen will. Offline, der realen Zeit und Handlung verhaftet, wohnt man in einer Blase, beschreitet einen parallel verlaufenden Weg zum überwiegenden Rest der Menschheit. Man…
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211, Teil I: Über das Abhandenkommen

England, September 2022. Manchmal kommen einem Dinge abhanden. Da kann man nicht unbedingt etwas für, nicht immer jedenfalls oder vollumfänglich, es ist den Geschehnissen ringsum geschuldet, auf die man kaum Einfluß hat. Ich vermisse das Tänzeln der Texte, deren verspielte Leichtigkeit, kristalline Poesie. Ich vermisse das Sehnen dahinter, das sich Verzehren, die absolute Hingabe an…
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