Autor: kunstfotografie

86, Teil II: Nach der Krise Gesang wie ein Duft

Kairo, April 2008. Im Rahmen des Ethnologiestudiums hatten sie viel gelehrt über Begrifflichkeiten, Methoden, Lösungsansätze kulturgebundener Grenzen, immer wieder war der Terminus Kulturschock gefallen, abstrakt, nicht greifbar, gelernt, abgefragt, rein automatisch repetiert. Von Hochsensibilität hatte ich noch nicht gehört damals, als man sich hatte bewerben können für eine Exkursion in die ägyptische Hauptstadt zum Studium…
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85, Teil I: Große Geste

Kairo, April 2008. Seit einer Woche herrschte eine phänomenale Hitze, Abgase stiegen mir unaufhörlich in die Nase, die ich mich mit einem Gewimmel konfrontiert sah, das ich bisher nur aus Dokumentationen kannte, wuselnde, sich die Straßen entlangschiebende Menschenmassen in arabischer wie westlicher Kleidung. Die breiten Fahrspuren waren bevölkert von rasenden Blechlawinen, knatternden Mopeds, Eselgespannen, Viehfuhrwerken,…
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84 Es hat gerufen

München, Mai 2019. Nazaré – welch prophetisch-lockender Name… Ich hatte nie davon gehört, bis ich diese graue Gewaltwand aus unvorstellbaren Wassermassen sich auftürmen und gegen beinahe filigran anmutende Steilklippen prallen sah, platzen, donnern, explodieren auf der Leinwand des großen Cinemaxx-Kinosaals. Wellen von bis zu dreißig Metern vor der Küste Portugals, etwa eine Stunde nördlich von…
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83 Es ist gut, wie es ist

München, Mai 2019. „Sag mal,“ Stefanies Miene wird ernst. „möchtest du vielleicht ein Pferd?“ Hä?? Blitzschnell rattern sämtliche – spärliche – Pferdeerlebnisse mir durch den Kopf: Grashalm-Fütterungen über Elektrozäune hinweg im Kindergartenalter, im Mini-Kreis-Schunkeln auf Jahrmärkten, ein paar Ausflüge zu einem nahe gelegenen Reiterhof (die abrupt mit zwölf endeten, als einer der Gäule mit mir…
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82, Teil VI: Tierhandlungen

Südamerika, Mai bis Juli 2009. Die Zootierhandlung, oder wie immer man es nennen wollte, stand mitten auf dem Gehsteig. Der Händler saß auf einem Klappstuhl, die Zeitung breit auseinandergeschlagen, eine Zigarette lässig im Mundwinkel hängend. Um ihn herum stapelten sich die winzigen Käfige aus dünnen Plastikstäben und -deckeln. Darin hockten dichtgedrängt die Bewohner, Mäuse, Kanarienvögel,…
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81, Teil V: Eine Ankündigung, die unbemerkt blieb

Südamerika, Mai bis Juli 2009. Das Ende kündigte sich mir an, ohne daß ich es bemerken konnte. Das machte im Nachhinein die Bitterkeit aus. Ich ging zum Frühstück, nahm Platz wie jeden Morgen. Der Fernseher lief, ebenfalls üblich in Lateinamerika. Man servierte mir frisch zubereiteten Papayasaft, Bananen, Rühreier, zwei kleine Weizenfladen, etwas Butter und synthetisch…
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80, Teil IV: Possierlich

Südamerika, Mai bis Juli 2009. Das halbzahme Äffchen des Campgrundes fand ich nur so lange niedlich, bis es sich meine SD-Karte schnappte, die ich zum Trocknen auf den primitiven Holztisch gelegt hatte. Ich war unterwegs in einem Fluß ausgerutscht, was die Kompaktkamera paradoxerweise besser überstehen sollte, als meine Füße: erstere blieb tatsächlich funktionstüchtig, während letztere…
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79, Teil III: Sturzregen

Südamerika, Mai bis Juli 2009. An diesem Tage würde ich etwa dreißig Kilometer marschieren. Ich stand vor den Toren des Podocarpus Nationalparkes unweit von Loja. Der Weg war breit, stieg leicht an. Zunächst noch umgaben mich Viehweiden mit äsenden schwarz-weißen Kühen. Rasch kam man höher, die milde Luft wurde frischer. Man hatte eine phantastische Sicht…
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78, Teil II: Museumsrausch

Südamerika, Mai bis Juli 2009. Als frisch gebackene Kunsthistorikerin und Ethnologin besichtigte ich viele Museen. Keramiken, Textilien, Mumien. Chimú, Nazca, Moche, Chancay, Páracas, so vieles wurde zusammengefaßt unter dem Begriff „präinka“ bzw. „präkolumbinisch“. Häufig handelte es sich um bedeutende archäologische Stätten, als Höhepunkte angepriesen und dem Zerfall überlassen. Verwehte und ausgewaschene Lehmpyramiden. Geplünderte Grabfelder, Tonscherben…
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77, Teil I: Eine Akademikerin auf der Death Road

Südamerika, Mai bis Juli 2009. Es gab einen Kleinbus als Schlußlicht, zwei Führer als Begleitung. Meine düsteren Ahnungen hatten sich bestätigt, als ich all der Schutzkleidung gewahr wurde, die wir würden tragen müssen: Hose, Jacke, Helm, Handschuhe. Nichts paßte so richtig, die Sachen waren angeschmutzt und zerschlissen. Insbesondere die Handschuhe bereiteten Mühe: riesig und schwer…
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