Autor: kunstfotografie

116, Teil III: Ewige Feuer

Türkei, Lykien, Oktober 2019. Es zischte und fauchte leise, ein Campern vertrautes Geräusch, denn genauso klingen angeworfene Gaskocher. Die Sonne knallte mir aufs Haupt, die ich auf dem grauen Gesteinsgrund saß, „Elephant´s Breath“ nennt die britische Farbenfirma Farrow&Ball diese Nuance. Die anderen hatten sich mit müden Gesichtern in den Schatten zurückgezogen, den spachtelige Bäumchen spendeten:…
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115, Teil II: Dem Meer die Zunge herausstrecken

Türkei, Lykien, Oktober 2019. Die Gottesanbeterin nahe eines üppig mit prallen Weinreben behangenen Zaunes entdeckte eine Mitreisende. Das Insekt war verblüffend grazil und filigran, feingliedrig, beinahe verschnörkelt und winzig in seinen Ausmaßen, skurril in der Proportion und wie von einem fremden Planeten gefallen. Auf einer Hand stand sie steif Modell für meine Kamera. Woanders bot…
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114, Teil I: Absinthfarbener Schnee

Türkei, Lykien, Oktober 2019. Die satt grünen, fast grellen Kiefernwolken auf dem porösen Gestein wirkten, als sei absinthfarbener Schnee auf die Hügelzüge gefallen. Wir schipperten hunderte Meter vom Ufer entfernt die Buchten entlang; der harzige Duft der Nadelbäume stieg einem in die Nase, während das Mittelmeer seinen Salzgeruch ganz untypischer Weise für sich behielt, sodaß…
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113: Der graue Umschlag

München, Oktober 2019.   Während ich diese Zeilen tippe, dampft ein Becher Mokka auf, intensiver Kakaokaffee, der mich trösten soll. Harmlos war er in der Post gelegen, der hellgraue Umschlag mit seiner in einer mir unbekannten Handschrift verfaßten Adresszeile, Absender fehlend. Er enthielt den großen Paukenschlag, der mich gleich mehrfach heftig ohrfeigte. Eine Wanderfreundin, betagt…
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112, Teil III: Seelenbeben

Marokko, Juni 2013. An einige Touren erinnere ich mich weniger gut. Es bleiben kaum Details hängen, ich entsinne mich nicht mehr meiner damaligen Gedanken, kann keine Handlung bilden aus dem Erlebten. Bei einer intensiven, Seelen regenden Tour formen sich automatisch literarisch stimmige Sätze in meinem Kopf, ich brauche sie quasi nur „abzulesen“ und festzuhalten auf…
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111, Teil II: Gärten

Marokko, Juni 2013. Seit Studententagen liebte ich Botanische Gärten, klapperte sie ab wie eine Süchtige, erfreute mich an der Vielfalt der Formen, Texturen, Nuancen und den teils poetischen, teils amüsanten Namen, mit denen die Züchtungen bedacht worden sind: eine dunkle, beinahe schwarz samtene Tulpe „Arabian Night“, eine pinke Strohblume „Hot Bikini“, eine auffällige Dahlie „Harlekin“,…
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110, Teil I: Marrakesch in Ausschnitten

Marokko, Juni 2013. Ich befand mich auf dem jüdischen Friedhof, allein. Es handelte sich um ein relativ kleines Areal, das aufzutreiben mich einiges an Nerven und Geduld gekostet hatte, so unscheinbar und verborgen liegt es irgendwo in der Altstadt Marrakeschs. Die Männer, die ich unterwegs auf französisch ansprach, wollten mich stets gleich begleiten, nicht zum…
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109 Ratsuchend

München, September 2019. Als Kind gehörte das Malen mir selbstverständlich zum Leben dazu, Buntstifte, Filzmarker, Wachskreiden rauschten täglich über Schmierpapier, das im elterlichen Büro angefallen war; die Wasserfarben jedoch blieben etwas besonderes, mußte man dafür immerhin gewisse Vorbereitungen treffen, indem man den Tisch mit Zeitungen bedeckte und einen Kittel (d.h. ein altes Hemd aus Papas…
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108, Teil IV: Wie ich da Vinci die Sache mit den Chloroplasten erklären wollte

Norwegen, September, 2019. Gewiß werden die jüngst gelesenen Biographien der Kunsthändler Heinz Berggruen und Paul Rosenberg mich beeinflußt haben. Der Berg jedenfalls erhob sich vor mir als grauer Koloß, kompakt, mächtig, schweigend. Die Binnenstruktur seines Gesteins bestand aus unzähligen flächigen Graphiken, aus zweidimensionalen Rechtecken, Quadraten, Dreiecken, aus durcheinandergewürfelten Balken und Streben. In der Einheitlichkeit des…
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107, Teil III: Versagungen, Verlockungen

Norwegen, September 2019. Zu meinem 34. Geburtstag, der mir ein besonderer war, weil ihn meine Schwester nicht mehr hatte feiern können, wollte ich mir eine Uhr anschaffen, Zeichen voranschreitender Zeit, weitergehenden Lebens: Band und Gehäuse aus Porzellan, das Ziffernblatt perlmuttern, auf der Rückseite eine gravierte Weltkarte. Sie war sportlich-elegant designt und ihrer Qualität entsprechend hochpreisig.…
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