216 Hereingefallen
München, September 2022.
Digital naiv, wie ich bereits erwähnte (vgl. Beitrag 212); freilich mußte es Spam sein, der Kommentar zu einem Beitrag, sein Hinterlasser ein anrüchiges Etablissement, sein Link zu einer ausländischen Erotikseite führend, aber da waren ja noch diese Zeilen in englischer Sprache, die besagten: zufällig über den Blog gestolpert, tief berührt davon, der Inhalt kompetent und künstlerisch, man werde regelmäßig nun lesen darin etc.
Man weiß, es ist computergenerierter Schmutz, Datenmißbrauch, Irreführung, und zugleich hopst etwas auf in einem, winzige Freude, dümmste Hoffnung: gesehen, geschätzt worden sein… Existieren, Lob erhalten, positiven Widerhall. Ja, Spam, was sonst.
Es wird keine zu einem Buch gebündelten Papiertexte geben, keine Autorenleserschaft, keine Literaturkritiken und -empfehlungen. Stehen wir zu unseren Schwächen! Egal, wie sehr ich mir das Wünschen verbiete und das Träumen verkneife, wie rational ich die Zukunft und deren Wahrscheinlichkeiten einstufe, die Sehnsucht wird mir nicht auszutreiben sein: das eigene Buch, der kultivierte, liebende Mann. Man hat sich im Griff, unter Kontrolle, ist abgeklärt, stark, realistisch, und dann setzt ein israelisches Puff einen Fakekommentar und binnen Milisekunden wirbeln das Dopamin, das Adrenalin durch die Blutbahnen, mikrokurz die Erfüllung vorgaukelnd: endlich ein Bewunderer, Verehrer, Anerkennender…
Darum spreche ich es aus, damit die volle Wahrheit festgehalten ist: das Tor zur digitalen Unermeßlichkeit, der Blog, möge vielleicht (eher nicht aber doch tiny tiny vielleicht) einem Verleger auffallen, einem Literaturscout, -kritiker und am besten Seelenpartner gleich mit dazu. Das ist die Evolution, die da aus meinem törichten Frauenherzen spricht. Ob man herausliest, wie sehr ich mich auf die Schippe nehme? Ich schmunzle.
Geschrieben wird trotzdem weiterhin, ein Drang, private Berufung, individueller Zweck und Sinn. So und nicht anders!