153, Teil III: Blödelei

153, Teil III: Blödelei

Azoren, Juni 2012.

Es war eine zerklüftete Bucht. Der weiße Schaum der aufspritzenden Gischt kontrastierte mit dem porösen Schwarz des Lavagesteins, ein Schachspiel, wer setzt seine Figuren klug? Wir hatten den so ziemlich einzigen sonnenmilden Tag unserer Tour erwischt und uns gleich in die Fluten gestürzt; unten wuchsen Seeanemonen und -würmer, wogende Ghirlandenkreise, tänzelnde Tentakeln zwischen Korallen, erstaunlich bunt. Ich versuchte, meine Taucherbrille vom Beschlag freizurubbeln, dabei ordentlich von den Wellen emporgetragen und abgesenkt werdend, da löste sich der Schnorchel vom Band, zum tiefen klaren Grund niedertrudelnd wie ein Laubblatt. Ich bat ihn darum und er tat es, der Apnoemeister, er fischte ihn wieder herauf, danke, Held, gut gemacht. Ein Seil hing im Wasser, an welchem man sich über einen dicken, glitschigen Brocken hinaushangeln mußte aus dem Meer aufs feste Land, es gelang mir auf Anhieb. Ich wechselte in trockene Kleidung, eine verlassene Kinderschaukel unweit erspähend. Hoch und höher hinauf stieß ich, ein heiteres Glucksen in der Kehle; ich war 27 Jahre alt und schaukelte wild auf einer simplen Brettkonstruktion umeinander, wieder erhielt ich diese Fischblicke: Was soll denn das?, ich griff noch doller aus, fliegend, ein Vögelchen in Lüften. Die Rückfahrt dann im Van erfolgte wie gewohnt entlang unzähliger Kurven, mäandernder, holpriger Straßen – zuviel für meinen eben erst durch die Kinderei gereizten Magen, mir wurde so schlecht, als befände ich mich in einem verdammten, Kämme brechenden Dinghi (vgl. Beitrag 5). Als wir endlich an der Tauchbasis angelangt waren, hockte ich mich auf die umfriedende, niedrige Hausteinmauer mit ihren Einsprengseln aus Biotid, das Gesicht in den Händen verbergend, bloß atmend, die Übelkeit mit aller Anstrengung bekämpfend.

“Geht´s?”, leise gefragt, ein Händehauch auf meiner Schulter, “Laurachen?” – der einzige Mensch, der meinen Namen im Diminutiv aussprechen darf, ohne von mir eine geknallt zu kriegen, und ich wäre am liebsten im Erdboden verschwunden, ganz tief in den Bauch der Erde hinein.

 

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