149 Who cares

149 Who cares

München, November 2020.

Where do You go, where do You go if nobody cares? (Cat Stevens, Roadsinger)

Chrysanthemen, Zwergmargheriten, Schleierkraut in einem Bett aus Pistaziengrün und Nußbaumlaub bilden ein zart-weißes Ensemble, irgendwie unschuldig und rein, tugendhaft, um veraltetes Vokabular zu verwenden. Ich war eigens in die Blumenwerkstatt des übernächsten Dorfes gefahren, um mir für fünf Euro dieses Gebinde erstellen zu lassen, dicker Salbenbalsam, Trost, Bepanten fürs Gemüt. Ungewollt partner-, kinder- und karrierelos zu bleiben war nie härtere Realität als in jenem Jahr, in dem sich Social Distancing als akzeptierte Verordnung etablierte, ein Jahr, in dem man Fremden keine freundlichen Worte mehr schenken durfte ohne sich den Vorwurf einzuhandeln, man bringe sie dadurch in Gefahr; in dem das Lächeln hinter einem Stück Stoff steckenblieb, ein Jahr so voller Zank und Zwist und Gespaltenheit, gesellschaftlich, familiär. Ein Jahr, in dem Freundschaften versickerten, langjährige Triebe gekappt wurden, zu radikal, um das Pflänzchen der Gemeinsamkeit wieder erstarken, gesunden zu lassen.

Allein gestern berichtete man von Aufständen in Peru, von Bürgerkriegszuständen in Äthiopien, zwei von mir bereiste Länder; ich denke an die Menschen dort, zur Bürde der Armut fügt sich nun noch Waffengewalt hinzu.

Ich bin nicht einmal in der Lage, mein eigenes Leben zu gestalten, selbstwirksam, wie soll man da etwas ausrichten angesichts all dieser übergroßen Schreckensmeldungen? Daß Humboldt- und Golfstrom einbrechen, Wälder durch Brände gigantischem Ausmaßes vernichtet werden global, Heuschreckenschwärme Ernten einstampfen, Menschen Hungers sterben, weil der Westen sich vor einer “Pandemie” schützt mit Maßnahmen, die uns ebenso zum Gespött machen werden in Geschichtsbüchern später wie der Aberglaube im Mittelalter uns heute fassungslos den Kopf schütteln läßt; ich erkenne keinen wesentlichen Unterschied zwischen Pestmaske und Mund/Nasenbedeckung.

Die Intervalle zwischen den Blogeinträgen werden länger, der Grundton dunkler, Zeilen wahrer Poesie selten. Ich würde so gerne schreiben – s c h r e i b e n -, aber ich weiß nicht, wohin es gehen soll völlig ohne Echo und Aufnahme. Where do You go if nobody cares?

 

(Anmerkung: Die Illustration zeigt eine Museumsskulptur.)

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