2 Ein Vulkanausbruch vereitelt Pläne

2 Ein Vulkanausbruch vereitelt Pläne

München, November 2017.

Ich starrte auf das hervorquellende Anthrazit, diesen wolkigen Bausch  schwarz-petrolener Anklänge und düster glimmenden Oranges in seinen Tiefen, ein faszinierendes Bild, schaurig-schön, Ehrfurcht gebietend und erhaben. Die Aschesäule fraß sich höher in den Himmel, als der Vulkan selbst aus der Erde wuchs, ein Palmen bestandener Kegel von über drei Tausend Metern. Das Fluchen hatte ich längst aufgegeben. Neben mir lag frisch eingetroffene, online bestellte Ware, Bikinis, Shorts, noch versehen mit den Preisetiketten, darauf abgelegt, wie zum Hohn, das ausgedruckte E-Ticket meines Emirates Fluges München – Dubai – Denpasar und Elizabeth Gilberts Romanbiographie Eat. Pray. Love samt Happy End auf Bali, deren Titel ich wörtlich zu nehmen gedacht hatte.

Ich hörte die Nachbarin in der Wohnung unter mir staubsaugen, während fahles vormittägliches Licht auf den mit Kastanien, Kiefernzapfen, goldenen Glitzerkugeln dekorierten Adventskranz fiel und die drei metallenen, Wollmützen bestückten Deko-Pinguine zitterten, weil ich mit der Faust immer wieder auf die Platte des Schreibtisches schlug, wo ich meinen Laptop aufgeklappt hatte.

Sämtliche Weihnachtspräsente für Familie, Freunde, Bekannte waren besorgt, seit Wochen zusammengetragen, mühevoll ausgesucht, festlich-aufwendig verpackt und lagen perfekt gestapelt in zwei große Schubladen verstaut. Aus der Stereoanlage ertönten Lounge-Klänge, fremdartige Melodien, westlich-modern interpretiert, entspannend und geistig-emotional anregend zugleich.

Ein neues Foto. Das Orange war eindeutig jenes einer Feuersbrunst, nicht unterschwellig durchblitzend, sondern dominant und wütend, kaum mehr klein zu reden. 59.000 Touristen saßen fest auf der Insel, der Flughafen in Denpasar blieb vorerst geschlossen, der Triebwerk schädigenden Staubpartikel in der Luft wegen. Ich riß mich förmlich los vom Computerbildschirm, schaltete das Gerät auf Energiesparmodus.

Und dann verharrte ich reglos, ratlos im leeren, stillen Raum, der entsteht, wenn Vorhaben durchkreuzt werden und gerade keine alternativen B-Pläne zur Verfügung stehen. Weil einem nur übrig geblieben wäre, die Wäsche zu machen, den Koffer zu bestücken, die Apotheke für unterwegs aufzustocken, Arbeit fertig zu bringen, die Kameras zu reinigen und zu laden – Oh, Mist! Die Go Pro! Ich hatte eine Heroe Session 5 via Internet geordert, kurz entschlossen, die just an diesem Tage eintreffen sollte, für immerhin dreihundert Euro. Ich fuhr mir mit dem Handrücken über die Stirn. Meine Pechsträhne hielt an, aktueller Höhepunkt der aggressive Mount Agung.

Eine Antwort

  1. Manfred Hirt sagt:

    Hallo Laura
    Deine Texte, faszinierend, spannend, lebensnah und doch sinnlich; Momentaufnahmen die einen leicht die Bilder dazu vorstellen und binnen kurzer Zeit den eigenen Moment hier, nach anstrengendem Tag, vergessen lassen. Dann sehe ich deine Bilder an. Wunderbare Augenblicke, festgehalten so wie erlebt und gesehen; ungekünstelt, authentisch, echt. Es wird mir schon klar, was du ausdrücken möchtest. Deine Absichten kommen an, ich habe sie gespürt.
    Viel Erfolg

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