173 Leserbrief
München, Mai 2021.
Oh. Ist das das Buch, das du schreiben wolltest? #AreYouSerious?
Wenn nicht du der Autor gewesen wärst, ich hätte es recht bald zur Seite gelegt, ohne es zu Ende gelesen zu haben. Der Stil, für den du dich entschieden hast, ist exakt jener zeitgenössische „journalistische“, wie ich ihn hier bereits mehrfach bitter beklagt habe, flapsig bis – es tut mir wirklich leid – ordinär, oberflächlich, herablassend und beleidigend. Du hast so unendlich viel besonderes, außergewöhnliches, einmaliges gesehen, erlebt, getan, bewirkt, erlernt und läßt es hinter Floskeln, Kraftausdrücken, Bevormundungen verpuffen… Nicht daß dich die Meinung einer Touristin – an solche Leute verschwendest du ja nun keine wertvolle Zeit mehr – interessieren würde, und das hat mich mit am meisten schockiert: diese deine grenzenlose Arroganz, mit der du uns Lesern begegnest (zumindest jenen, die dem Kinder- und Jugendalter entwachsen sind), wobei du doch öfter betonst, wie wichtig der Respekt voreinander sei. In der Art, wie du dein Leben dort auf jenen 363 Seiten zusammenfaßt, gewinnt man als Außenstehender den Eindruck, daß dein vollzogener Wandel vom Tierfänger zum Tierschützer gar nicht so eklatant groß ist, wie du selbst es glaubst und wünschst: du hast die Seiten gewechselt, das schon, und für Tiere und Umwelt gereicht dies zum Vorteil, aber du bist noch immer ein Getriebener. Ich wünsche dir eine volle Woche Za-Zen in einem abgeschiedenen japanischen Bergkloster ohne jede Kamera oder anderweitige Beschäftigung, einfach Sitzen, Denken (und dann nicht einmal mehr dies), Sein. Ich bezweifle, daß du es ertragen könntest. Was ihr Biologen und Naturschützer gerne vergeßt, weil es euch selbst nicht wichtig scheint: Kultur ist die Kehrseite der Natur, das macht den Menschen zum Menschen. Wenn du die Welt retten möchtest, dann mußt du die Leute dazu bringen, Kultur zu entwickeln und zu pflegen. Eine Kultur der Demut etwa – ob dir dieser Begriff geläufig ist…? Du birgst so viel Potential, als Mensch. Bring es bitte im nächsten Buch zum Ausdruck, das bist du dir, deinen (leidenden) Gefährten aus der Fauna, deinen Mitstreitern und auch einem Publikum mit moralischer Selbstachtung schuldig.
Ich weiß, daß dich diese Kritik nie erreichen wird. Ich hoffe, du hast irgendwo einen Freund, der es einmal wagt, dir all das ins Gesicht zu sagen, einer, der es ehrlich meint mit dir und gut.